Grundsteuer: Jetzt Einspruch einlegen!

Grundsteuer: Jetzt Einspruch einlegen!

Die Grundsteuer beschäftigt Bürger und Finanzämter weiter. Jetzt kommen die ersten Steuerbescheide ins Haus. Weil viele nicht mehr durchblicken, fragen sich Haus- und Grundbesitzer oft “Was muss ich nun tun?” Und muss ich jetzt Einspruch einlegen? Damit du genau weißt, was zu tun ist, liest du am besten meinen heutigen Blogartikel.

Die Grundsteuerreform gibt einfach noch immer keine Ruhe. Nachdem nun die Abgabefristen verstrichen und die Erklärungen abgegeben sind, trudeln die ersten Bescheide bei den Grundstückeigentümern ein. Inzwischen hört man überall von Einsprüchen, die eingelegt werden. Von 1,3 Millionen Einsprüchen ist die Rede, die bei den Finanzämtern eingehen und ihnen weitere Mehrarbeit dank der Grundsteuerreform bescheren. Weitere werden sicherlich noch folgen, denn insgesamt sind rund 36 Millionen Immobilen neu zu bewerten

1. Einspruch gegen den Grundlagenbescheid

Ergeht der neue Grundsteuerbescheid der Gemeinde – erstmalig ab 2025 – und ist in der Berechnung des Grundsteuermessbescheides vom Finanzamt etwas falsch, kann es zu spät sein! Warum ist das so?

Der aufgrund der Abgabe der Grundsteuererklärung eingehende Steuerbescheid ist ein sogenannter Grundlagenbescheid. Hierin musst du die Eckdaten wie Wohn- und Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, durchschnittlicher Bodenrichtwert der Kommunen prüfen.

Ist hier etwas vom Finanzamt falsch gemacht worden, dann heißt es handeln! Die Frist von 1 Monat ist schnell vorbei und danach wird der Bescheid bestandskräftig.


Achtung: Eckpunkte prüfen!

Folgende grundsätzliche Daten solltest du daher immer im Bescheid auf Richtigkeit überprüfen:

  • Sind alle Eigentümer im Bescheid genannt?
  • Stimmen die Quadratmeter der Wohn- und Grundstücksfläche?
  • Sind Bodenrichtwert, Mietniveaustufe, Restnutzungsdauer usw. richtig angesetzt worden?
  • Hat das Finanzamt das richtige Bewertungsverfahren angewendet?
  • Wurde ein Förderbescheid nach dem Wohnraumförderungsgesetz berücksichtigt?
  • Wurde beachtet, dass das Gebäude dem sozialen Wohnungsbau dient?
  • Steht das Gebäude oder Teile des Gebäudes unter Denkmalschutz?
  • Ist der Denkmalschutzrabatt berücksichtigt? (siehe hierzu auch unter TZ. 4)
  • Stimmt die Bewertungsart?
  • Ist die korrekte Steuermesszahl angewendet worden?
  • usw.


2. Verfassungsrechtliche Bedenken

Oft liest und hört man, dass die Modelle in ihrer Ausgestaltung verfassungsrechtlich bedenklich seien. Ein Beispiel ist das FOCUS-Interview mit Verfassungsrechtler Gregor Kirchhof.

Doch bis die Richter in Karlsruhe dazu entscheiden, vergehen auch noch einige Monate oder gar Jahre.

Aber was soll ich nun tun, fragst du dich? Du kannst natürlich beim Finanzamt gegen den Bescheid auf jeden Fall Einspruch einlegen. Das steht dir erstmal grundsätzlich frei. Die Krux an der Sache ist aber, dass er begründet sein muss. Dies kann zum Beispiel in folgenden Fällen sein:

  • mit verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Reform
  • Ungleichbehandlung gegenüber anderen Grundstückseigentümern

3. Einspruchsbegründung

3.1 Anhängige Verfahren

16 Bundesländer und 7 Modelle der Grundsteuer. Typisch Deutsch, mag jetzt der ein oder andere denken. Aber das bedeutet eben auch, dass wir beim jeweiligen Modell unterscheiden müssen:

3.1.1 Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg war von Anfang an unklar, ob das dortige Prinzip der reinen Bodenwertbesteuerung (“Bodenwertmodell”) verfassungsgemäß ist. Einzelheiten zu den jeweiligen Modellen habe ich bereits hier verbloggt.

In Baden-Württemberg ist es egal, ob auf den Grundstücken eine Villa, ein Hochhaus oder eine Bruchbude steht. Eigentümer gleich großer Grundstücke entrichten die gleiche Grundsteuer!
Noch ungerechter erscheint, dass bebaute Grundstücke einen 30%igen Abschlag erhalten. Unbebaute Grundstücke werden also höher mit der Grundsteuer belastet.

Gerecht ist etwas anderes und so wurden bereits erste Musterverfahren beim Finanzgericht Baden-Württemberg eingereicht.

Was sollte ich jetzt tun, wenn ich Eigentümer eines Grundstücks in Baden-Württemberg bin?

Um also auf Nummer sicher zugehen, ist es ratsam, Einspruch gegen den Steuerbescheid einlegen und auf die anhängigen Musterverfahren zu verweisen. Diese sind mit den Aktenzeichen Az. 8 K 2368/22 und Az. 8 K 2491/22 anhängig. In der Einspruchsbegründung kannst du dich auf diese Verfahren berufen und einen Antrag auf Ruhen des Verfahrens stellen.

Antrag auf Ruhen des Verfahrens bedeutet, dass dein Verfahren – also dein Einspruch – erstmal zu den Akten genommen wird. Erst bei richterlicher Entscheidung der Musterverfahren kommt das Finanzamt auf deinen Einspruch zurück.


3.1.2 Bundesmodell

Auch das Bundesmodell steht im Fadenkreuz, denn hier gibt es zwei Probleme: Es ist zu kompliziert und ihm gelingt keine gleichheitsgerechte Bewertung. Insbesondere die Bodenrichtwerte sind zu ungenau. Und ungenaue Werte führen zu einer gleichheitswidrigen Steuer.

Heißt also auch beim Bundesmodell sind verfassungsrechtliche Bedenken gegeben, gegen die es sich zu wehren gilt.

Was sollte ich jetzt als Eigentümer tun?

Auch hier ist es ratsam, Einspruch gegen den Steuerbescheid einzulegen. Kürzlich gingen zum Bundesmodell beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg zwei Verfahren ein. Diese sind mit den Aktenzeichen Az. 3 K 3170/22 und Az. 3 K 3018/22 anhängig. In der Einspruchsbegründung kannst du dich auf diese Verfahren berufen und einen Antrag auf Ruhen des Verfahrens stellen.


3.2 Andere Modelle

Was ist, wenn ich jetzt in Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen wohne? Da gestaltet es sich schwieriger mit der Einspruchsbegründung, weil die Flächenmodelle sogar eher gelobt werden. Zu ihrer Ausgestaltung sagt Kirchhof in einem FOCUS-Interview:

Kirchhof: Es gibt vier Bundesländer, die ein modernes Steuergesetz entworfen haben, das vollständig digital angewandt werden kann. Der Clou ist, dass so alle Steuerbetroffenen entlastet werden, die Steuerpflichtigen, die Steuerberater, der Fiskus und die Gerichte. Bayern hat ein einfaches Flächenmodell auf den Weg gebracht, bei dem die Flächen der Gebäude und Grundstücke maßgeblich sind. Hamburg, Niedersachsen und Hessen haben das Flächenmodell um eine Wertkomponente ergänzt, die einfach zu handhaben ist. Für Grundstücke in guten Gegenden muss hiernach eine höhere Grundsteuer entrichtet werden als für vergleichbaren Grundbesitz in weniger exklusiven Vierteln. Ich halte diese vier Ländergesetze für sehr effizient und verfassungskonform. Sie sind Vorbilder, wie moderne Steuergesetze gelingen können.

Pauschale Rechtsbehelfe, die sich (allein) mit der Behauptung auf einer möglichen Verfassungswidrigkeit stützen, werden also schwierig sein.

Hier hilft nur an den konkreten Objekten Unstimmigkeiten aufzudecken.


Welche Bundesländer sich für das Bundesmodell und welche sich für eigene Ländermodelle bei der Grundsteuer entschieden haben, siehst du nochmal hier auf einen Blick:

Grundsteuerreform - Die Bundesländer und ihre Modelle

Quelle: Grundsteuer.de – Grundsteuerreform: Übersicht Bundesländer

4. Ansatzpunkte am konkreten Objekt

Bei den Modellen aus Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen wird ein Einspruch also nur Erfolg haben können, wenn du am konkreten Objekt Unstimmigkeiten aufdeckst. Folgende Ansatzpunkte kommen für die Einspruchsbegründung zum Beispiel infrage:

4.1 Bodenrichtwerte

Bodenrichtwerte sind unschlüssig oder stark unterschiedlich; wie beispielsweise unterschiedliche Bodenrichtwerte für Grundstücke in derselben Straße, aber auf der anderen Seiten.

4.2 Ungünstige Grundstücksverhältnisse

Hierunter ist gemeint, dass zum Beispiel sehr große Grundstücke, die nur zu einem kleinen Teil bebaut oder bebaubar sind, und deren großflächiges “Hinterland” mit dem gleichen Grundstückswert angesetzt wird wie der bebaubare Teil.

4.3 Denkmalrabatt

Wer ein Kulturdenkmal bewohnt, der kann für die Ermittlung der Steuermesszahl einen Denkmalrabatt beantragen. Je nach Bundesland beträgt dieser 10% oder 25%.
Falls dies bei der Erklärung versäumt wurde, solltest du einen Einspruch gegen den Bescheid einlegen und den Antrag auf den Denkmalrabatt nachholen. Einzelheiten zum Denkmalschutz kannst du auch in diesem Artikel nachlesen.

4.4 Denkmalschutz auf Teilflächen oder insgesamt

Die Vergünstigungen werden nur anteilig gewährt, wenn einzelne Gebäude (z.B. ein Torhaus o.ä.) oder Teile eines Gebäudes unter Denkmalschutz stehen. Die Aufteilung erfolgt anhand der Wohn- und Nutzfläche. Daher macht es auch einen Unterschied, ob das Gebäude insgesamt oder nur Teilflächen unter Denkmalschutz stehen.

In den Regelungen für das Bundesmodell und Baden-Württemberg ist die anteilige Gewährung der Steuervergünstigung eindeutig gesetzlich geregelt.

In den Ländermodellen von Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen ist die Gesetzesformulierung bei Teilflächen dagegen weniger eindeutig. Bei diesen Ländermodellen könnte man dann die Auffassung vertreten, dass die Vergünstigung auch dann insgesamt zu gewähren ist, selbst wenn nur Teile unter Denkmalschutz stehen.

Im Zweifel wird dies von den Finanzgerichten zu klären sein. Anhängige Verfahren sind hierzu bisher noch nicht bekannt.


5. Fazit

  • Nach Erhalt ist der Bescheid sorgfältig zu prüfen.
  • Beachte die Einspruchsfrist von 1 Monat (siehe Rechtsbehelfsbelehrung auf dem Bescheid)!
  • Wer keinen Einspruch gegen den Grundsteuerwert- bzw. Grundsteuermessbetrag einlegt, hat später kaum noch eine Möglichkeit an der Bewertung seines Grundstücks etwas zu ändern.
  • Einen Einspruch kann jeder selbst beim Finanzamt einlegen. Er ist kostenlos und sollte schriftlich beim Finanzamt eingelegt werden.
  • Eigentümer in Baden-Württemberg und in den Bundesländern, in denen das Bundesmodell angewendet wird, sollten in ihrem Einspruch auf die anhängigen Verfahren verweisen.
  • Eigentümer der anderen Modelle müssen objektbezogen begründen; sie können sich aktuell (noch) nicht auf anhängige Musterverfahren berufen.

4 Kommentare

  1. Vielen Dank für den zusammenfassenden Bericht.

    Nur beim bayerischen Modell setzt man mit der neuen Grundsteuer für das bebaute am Grundstück am Land den identischen Grundwert, wie für eine Immobilie in München an, vor dem Hebesatz.

    Das ist bei den Wertunterschied nicht nachvollziehbar und gerecht. Das hat der Haus und Grundbesitzerverband auch schon berechnet und moniert.

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