Versichern, verdienen, verstehen – Ein Gastbeitrag über Optionen von Markus Möller

Heute darf ich dir etwas ganz Besonderes vorstellen: einen Gastbeitrag von Markus Möller.
Markus und ich kennen uns schon seit einigen Jahren – damals noch als Kolleg:innen in einer ganz anderen Welt: Controlling & Steuern im klassischen Unternehmenskontext. Uns verbindet neben Zahlen auch das Thema Freiheit – und genau darum geht’s im Kern auch in seinem Beitrag.

Markus wirft heute einen Blick auf das Thema Optionen. Nicht im typischen Börsenjargon, sondern clever und praxisnah - ohne ständig nervöses Starren auf die Börsenkurse.

Ich wünsche dir viel Spaß beim Lesen – und bin gespannt, ob du dir danach vielleicht auch ein paar Gedanken über dein „eigenes Versicherungsgeschäft“ machst.
😉




Seit ich mit 14 Jahren damals meinen ersten Job als Zeitungsausträger annehmen konnte, war ich stets auf der Suche, mein Taschengeld aufzubessern. Im Jahr 2018 hat mich eine neue Leidenschaft gepackt. Seitdem betreibe ich meine eigene Versicherungsgeschäft. An der Börse!

Jedes Jahr zahlen wir Geld für Versicherungen, um eine Absicherung für Ereignisse zu haben, die hoffentlich nie eintreten. Dabei erwirtschaftete beispielsweise der größte deutsche Versicherungskonzern Allianz im Geschäftsjahr 2024 einen Jahresüberschuss von 10,5 Mrd. Euro[1].

Nun sind meine Kapitalrücklagen bei Weitem nicht groß genug, um eine klassische Versicherungsgesellschaft zu betreiben. Und doch verkaufe ich Finanzinstrumente, die der Funktion von Versicherungen sehr ähnlich sind. Diese werden direkt an der Börse gehandelt und so erwirtschafte ich mir ein nahezu regelmäßiges Nebeneinkommen: gegen fallende Aktienkurse, gegen steigende Baumwollpreise, gegen sinkende Goldpreise, je nachdem, was der Markt hergibt.

 

Ich verkaufe Optionen

„Ich verkaufe Optionen.“ Sei ehrlich: wenn dir jemand mit diesem Satz auf deine Frage entgegnet, was dein Gegenüber (neben-)beruflich macht, denkst du eher an Uli Hoeneß oder jemanden, der Haus und Hof verzockt, als an einen seriösen Händler, der seine Rendite an der Börse jährlich um 5-10% aufbessert, oder?

Lass uns eine in Deutschland kaum bekannte Möglichkeit zum Geld verdienen näher beleuchten: Optionen sind börsengehandelte Finanzinstrumente, bei denen vereinfacht gesprochen, der Käufer eine Art Versicherung erwirbt, um sich entweder gegen fallende oder steigende Kurse abzusichern, während der Verkäufer eine Prämie erhält und als Versicherungsgesellschaft die festgelegten Risiken aus dem Geschäft übernimmt.

 

Ein Beispiel zum praktischen Einsatz von Optionen

Machen wir ein Beispiel aus dem Blick des Käufers: Ich besitze 100 Aktien eines Unternehmens. Der Kurs der Aktie beträgt aktuell 50 Euro. Es wird ungemütlich an der Börse, ich möchte mich für einige Monate gegen fallende Kurse der Aktie absichern. Nun muss ich mich nur für zwei Dinge entscheiden: 1. für wie lange möchte ich mich absichern, denn Optionen sind Termingeschäfte mit fester Laufzeit. Und 2. wie viel bin ich maximal bereit mit der Aktie zu verlieren, bis die Versicherung greifen soll. So kann ich die Aktie gegen Zahlung einer höheren Prämie auf aktuellem Niveau absichern oder für eine geringere Versicherungsprämie auf einem niedrigeren Kurs. Je wahrscheinlicher der Versicherungsfall und je höher die potentielle Schadensumme, desto höher fällt natürlich auch die Versicherungsprämie aus.

Zurück zu meiner Aktie, die derzeit bei 50 Euro notiert: Ich entscheide mich für eine Laufzeit von 60 Tagen, einen Absicherungskurs von 45 Euro und zahle dafür eine Optionsprämie von ca. 150 Euro. Dafür bekomme ich eine so genannte Put-Option in mein Depot gebucht, welche mir das Recht garantiert, die Aktie zum Ende der Laufzeit für 45 Euro zu verkaufen, egal wo der dann aktuelle Aktienkurs steht. Steht die Aktie über 45 Euro werde ich natürlich nicht von meinem Recht Gebrauch machen, da ich die Aktie für einen höheren Kurs am Markt verkaufen könnte. Steht die Aktie jedoch nach 60 Tagen z.B. bei 41 Euro, kann ich mein erworbenes Recht ausüben und verkaufe meine Aktien für 45 Euro an den Verkäufer der Option und bekomme somit 4 Euro mehr als die Aktie am Markt wert ist. Somit habe ich 100x 4 Euro Gewinn gemacht, abzüglich der gezahlten Prämie von 150 Euro, habe ich einen Reingewinn von 250 Euro aus dem Handel erzielt.

 

Die Wahrscheinlichkeiten arbeiten für uns

Das oben genannte Beispiel klingt zunächst einmal nicht sonderlich erfolgsversprechend für den Verkäufer der Option und damit dem Versicherungsgeber. Beachten wir jedoch, dass an der weltweit, über 60% der gehandelten Optionen am Ende wertlos verfallen[2], weil der Versicherungsfall nicht eingetreten ist, sieht das Bild schon anders aus. Durch ein gut durchdachtes Regelwerk lässt sich dieser Wert noch steigern und mit dem Verkauf von Optionen fast regelmäßig Geld verdienen.

 

Machen wir es, wie die Profis

Optionen sind im deutschsprachigen Raum kaum bekannt, in den USA hingegen ein vielgenutztes Instrument, das sowohl von institutionellen Anlegern wie Fond-Managern, als auch von Privatanlegern gern genutzt wird. Pro Tag werden an der größten Optionsbörse weltweit, der Chicago Board of Options Exchange (CBOE) ca. 50 Millionen Optionen gehandelt[3]. Wer einmal die Funktionsweise von Optionen verstanden hat, wird sie vielleicht nicht lieben, aber mindestens schätzen lernen. Eine persönliche Anmerkung sei mir erlaubt: Ich halte Optionen für die genialste Erfindung, seit es Börse gibt…

 

Als Optionshändler erlebt man nicht nur gute Zeiten

Nicht jeder kann nachts gut mit einem Versicherungsgeschäft schlafen, bei dem man selbst das Risiko für Andere übernimmt. Gerade die derzeit stark fallenden Börsenkursen mit hoher Volatilität sind äußerst herausfordernd für Optionshändler. So etwas kommt nun alle paar Jahre einmal vor und gehört zum Geschäft dazu. Aber es gibt nicht nur Aktienoptionen, auch bei fallenden Aktienkursen lässt sich mit Optionen auf andere Finanzinstrumente noch Geld verdienen. So sind z.B. im aktuellen Marktumfeld die amerikanischen Staatsanleihen und der Euro gegenüber des US-Dollars stark gestiegen, alles Märkte die sich mit Optionen handeln lassen.

 

Vielseitige Einsatzmöglichkeiten von Optionen

Optionen bieten eine solche Bandbreite an Möglichkeiten, dass ich dir unbedingt noch ein paar Beispiele nennen möchte, wie sich Optionen einsetzen lassen:

·        Wie oben beschrieben lässt sich ein eigenes „Versicherungsgeschäft“ betreiben. Bereits ab einer Depotgrößte von ca. 10.000 Euro kann man beginnen mit Aktienoptionen in positiven Börsenphasen zusätzliche Einnahmen zu generieren, ohne übermäßige Risiken einzugehen. Bei größeren Depots eröffnen sich dann noch viel mehr Möglichkeiten. Beispielsweise den Handel mit Rohstoffoptionen, die den Vorteil haben, dass sie unabhängig vom Aktienmarkt sind, und somit lässt sich auch in schlechten Börsenphasen regelmäßiges Einkommen generieren.

·        Du möchtest eine Aktie kaufen. Der aktuelle Kurs steht bei 100 Euro, du möchtest aber am liebsten für 90 Euro kaufen. Verkaufe eine Put-Option zu einer bestimmten Laufzeit beim Strike-Kurs von 90, an dem die Versicherung greift. Fällt die Aktie zum Ende der Laufzeit unter diesen Kurs, kaufst du dem Käufer der Option seine Aktien für 90 Euro ab und kannst sogar die Prämie behalten, was deinen durchschnittlichen Kaufkurs noch etwas unter 90 Euro reduziert. Fällt die Aktie nicht unter 90 Euro, darfst du die erhaltene Prämie als „Trostpflaster“ behalten, dass du die Aktie nicht bekommen hast und versuchst es noch einmal auf die gleiche Weise.

·        Einige Unternehmer unter uns werden vielleicht Umsätze in Fremdwährungen erzielen. Statt gegen hohe Gebühren Hedging-Produkte bei der Bank zu kaufen, lassen sich Optionen einsetzen, um sich gegen unvorteilhafte Währungsschwankungen in alle Richtungen abzusichern.

·        Der Preis für Rohkaffee ist in den letzten 12 Monaten um über 110% gestiegen. Im Supermarkt und unserem Lieblingscafé führt das zwangsläufig zu höheren Preisen. Wäre es nicht schön, wenn wir uns gegen steigende Kaffee-, Erdgas- oder Erdölpreise absichern könnten, bevor sie so stark gestiegen sind? Kaufe eine Call-Option und steigende Preise sind nicht mehr so schmerzhaft für die eigene Geldbörse.

Ich könnte die Liste noch ziemlich lange weiterführen. Aber, der Handel mit Optionen ist keine Einbahnstraße und schon gar keine Gelddruckmaschine. Wie im Sport muss man trainieren und sich im Wettkampf messen, um besser zu werden. Als 1-Mann-Versicherungsgesellschaft muss ich meine eigene Risikomanagement-Abteilung führen. Dazu gehören auch Verluste. Wie im Unternehmen Kosten unvermeidbar sind, um Umsätze zu erzielen, so sind Verluste an der Börse unvermeidbar, um Gewinne zu erzielen.

Ziehen wir ein Fazit: es gibt nicht nur Aktien oder ETFs. In Deutschland ist mit etwa 17% Aktien oder ETF-Besitzern über 14 Jahren noch Luft nach oben[4]. Investiert sein ist besser als nicht investiert sein. Wer darüber hinaus noch einen Blick über den Tellerrand machen möchte, der entdeckt weitere lohnende Möglichkeiten.

Ich hoffe, ich konnte dich mit dem Thema Optionen inspirieren. Du willst tiefer einsteigen? Dann schreib mir gern – vielleicht starten wir gemeinsam eine kleine Serie und gehen genauer auf das Thema Optionen oder andere Themen rund um die Börse ein.

 

Markus Möller

 


Über mich

Markus Möller, ich bin 37 Jahre alt, verheiratet mit meiner Frau Julia und Vater unseres 3-jährigen Sohnes Moritz. Nach meiner Ausbildung zum Industriekaufmann habe ich Wirtschaftswissenschaften an der Uni Kassel studiert. Während meines Studiums und auch danach habe ich insgesamt acht Jahre lang als Controller gearbeitet. Im Kontext dessen habe ich auch Bettina kennengelernt. 2019 habe ich dann den Bereich gewechselt und bin seither als globaler Prozesskoordinator für das Thema softwaregestütztes Facility Management tätig.

Meine Familie vermutet, dass ich meine grundsätzliche Affinität zu Geld von meiner Oma väterlicherseits geerbt haben muss. So richtig gezündet hat meine Begeisterung für Wirtschaft und Unternehmen in der 9. Klasse, als ich bis zum Abitur teil einer selbst gegründeten Schülerfirma der Theodor-Heuss-Schule in Homberg (Efze) sein konnte. Erste Berührungspunkte zur Börse hatte ich dann in der 10. Klasse, klassischerweise mit dem Planspiel Börse der Sparkasse. Daraus ist im Lauf der Jahre eine immer größere Begeisterung entfacht, weshalb ich mich ab 2018 zunehmend professionalisiert habe und einige Seminare zum Thema Börse und Optionen im Speziellen absolviert habe. Neben dem Optionshandel und einem breit aufgestellten Aktienportfolio investiere ich auf Basis einer ausgearbeiteten Strategie in wachstumsstarke Unternehmen und bin nach wie vor begeistert davon, wie einfach es ist über den Kauf von Aktien Anteile an großartigen Unternehmen zu erwerben.













[1] Siehe Geschäftsbericht 2024 auf https://www.allianz.com/de/investor_relations/ergebnisse-berichte/geschaeftsbericht.html

[2] Es gibt hierzu keine offiziellen Zahlen der CBOE, unter https://aktienbaum.de/optionen/wie-viele-optionen-verfallen-wertlos/ findest du einen Artikel mit einer sehr zielgerichteten Herleitung.

[3] Siehe https://ww2.cboe.com/us/options/market_statistics/ für Statistiken zum Volumen.

[4] Siehe den Bericht des deutschen Aktieninstituts https://www.dai.de/detail/aktionaerszahlen-2024-zeit-fuer-politische-impulse-1

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